Verantwortung

Verantwortung. Speziell zum Jahresbeginn etwas, mit dem sich viele auseinandersetzen.
Verantwortung für den eigenen Körper,
Elterliche Verantwortung,
soziale Verantwortung,
unternehmerische Verantwortung,
politische Verantwortung, ...
Was bedeutet denn verantwortlich sein?
Ist es wirklich diese anstrengende Sache: Synonym für zu wenig Freizeit, eine überwältigende Menge Arbeit, Kosten, Spaßbremse, graue Gesichtsfarbe und dazu passende Kleidung?
Kein Wunder, dass man spätestens im Februar alles wieder vergessen hat!
Das änderte sich bei mir, als ich mich damit auseinandersetzte, was energetische Verantwortung ist.
Sommer vor ein paar Jahren:
Koffer packen. Nicht meine Parade-Disziplin.
Ich mache das lieber morgen früh, wir müssen erst um 11 Uhr am Flughafen sein. Ich gucke heute Abend noch ein bißchen Fernsehen. Die letzten Tage vor dem Urlaub waren besonders stressig. Es wollten noch viele Patienten Termine haben, weil ich für 3 Wochen nicht erreichbar sein werde, keine Telefonanrufe, keine Mails, keine Termine, puh, endlich mal durchatmen. Aber in den letzten Tagen nochmal richtig dran ziehen. Heute morgen habe ich mich schon aus dem Bett gequält... aber nur noch 1 Tag. Der ist jetzt geschafft. Leichte Kopfschmerzen. Etwas angestrengt von den vielen „kurzen“ Fragen der Patienten nur noch mal eben nach der Sitzung, aber ich habe sie alle geduldig beantwortet. Die Eiscreme vorm Fernseher hab ich mir verdient.
Der Wecker klingelt. Snooze.
Der Wecker klingelt wieder. Snooze.
Der Wecker klingelt wieder. Wecker ausstellen. Umdrehen, wieder einschlafen.
10 Uhr: Schreck – aufwachen, erster Gedanke: FLUGHAFEN!
Oh Gott, Koffer packen.
Streit mit meinem Partner. Er hasst zu spät kommen.
Ab ins Auto. Wenn ich jeweils nur 20 km/h zu schnell fahre, riskiere ich keine Punkte in Flensburg und das Bußgeld ist vertretbar. Am Zebrastreifen keine Zeit zum Warten auf den Fahrradfahrer. Diese besch... Ampeln, Abbiegung verpasst, ahh Baustelle, Stau, das gibt’s doch nicht. Muss immer alles auf einmal schief gehen?
Schließlich: der Flughafen.
Nass geschwitzt erreichen wir das Gate.
Den Laptop habe ich zwar in der Eile an der Sicherheitskontrolle vergessen, aber Glück gehabt, sie haben ihn in Verwahrung genommen. Jetzt kann ich meine Jahresplanung fürs nächste Jahr nicht im Urlaub machen.
Naja. Den Preis zahle ich. Ist ja meine Verantwortung. War eben stressig die letzten Tage. Und für Stau und Baustelle konnte ich doch nix! Film gucken, spät zu Bett gehen und Tage voll packen – ok, dazu habe ich mich entschieden, zu diesem Preis. Freiheit der Wahl, das Recht hab ich, oder?! Immerhin bin ich noch nicht straftätig geworden und kein Schwerverbrecher.
Energetische Verantwortung beginnt damit, mir ehrliche Fragen zu stellen,
ohne Bewertung.
Ich frage mich, haben sich die anderen Beteiligten auch zu dem Preis entschieden, den meine Entscheidung sie gekostet hat?
Waren sie wirklich noch frei in ihrer Wahl?
Oder habe ich ihnen diese Freiheit mit meiner Wahl genommen? Ist das kein schweres Verbrechen?
Haben meine Patienten Liebe erfahren, als ich Termine bis zur Erschöpfung annahm? Haben die Patienten so viele Fragen gestellt, weil sie unerfüllt aus einer Sitzung kamen, in der ihr Therapeut schon erschöpft war? Wie hat es sich für die Patienten angefühlt, dass ich angestrengt und unter Zeitdruck war, während es so aussah, als würde ich geduldig Fragen beantworten? Warum hat mein Körper spät nachts mit Sodbrennen reagiert? Was hat mein Körper mir versucht zu sagen, während ich mehrere Tage lang Kopfschmerzen hatte? Welches Bild reflektiere ich für meine Patienten, wenn ich mich von der Arbeit mit ihnen erholen muss? Hatte ich abends eine Beziehung mit meinem Partner oder eine Affäre mit dem Fernseher?
Wer war außer mir auch zu spät, gestresst, irritiert, verletzt?
Mein Partner
meine Patienten
die Familien der Patienten
die Anwohner der befahrenen Straßen
der Fahrradfahrer
das Bodenpersonal am Flughafen
Zu weit aus dem Fenster gelehnt?
Als ich mir diese Fragen wirklich ehrlich stellte, wurden natürliche Impulse zu verantwortungsvollem Handeln wach, zuerst leise, dann stärker, wenn ich mich dazu entschied, den Impulsen zu folgen.
Ich begann bei mir, mit Verantwortung für meinen eigenen Körper: Schlafrhythmus, Ernährung, Freizeitgestaltung, Fitness wurden über viele Monate so abgestimmt, dass mein Körper gesunder und vitaler wurde. Das ist seitdem ein immer währender sich vertiefender Prozess.
Das war zunächst teilweise anstrengend, wurde mit Disziplin umgesetzt und aus einer "ich-möchte-die-Welt-verbessern" oder "Gut-Mensch" Motivation. Erst Schritt für Schritt wurde mir eine andere Haltung dazu bewusst.
Ich habe Alltagshandlungen eingeübt, die wirklich selbstliebend sind. Vorher hatte ich mich durch Übungen gequält, die meinem Körper gut tun sollten und dachte, das sei Selbstliebe. Oder ich hatte mich nach anstrengender Arbeit mit einem Eis belohnt und dachte, das sei Selbstliebe. Mein Verständnis von energetischer Verantwortung hat diese Muster schließlich aufgelöst. Wirkliche Selbstliebe heißt, mich gar nicht erst zu quälen und anzustrengen und doch in meinem Rhythmus angemessene Übungen im Alltag zu integrieren, die mich gesund und fit halten.
Das hat dazu geführt, dass ich heute sagen kann, ich liebe mich und die Menschen, die mir begegnen. Die Liebe löst die Anstrengung aus dem Thema "Verantwortung", denn für jemdanden, den ich wirklich liebe, strenge ich mich nicht an und tue doch mit Freude Dinge, die ich ohne dieses Bewusstsein anstrengend gefunden hatte. Jetzt kann ich ohne Anstrengung früher aufstehen oder den Koffer zeitig packen usw.
So verstehe ich energetische Verantwortung im Moment:
Wenn mein Körper nicht krank ist, fällt für keinen Patienten wegen mir eine Sitzung aus. Weil ich mir erlaube, das wahrzunehmen, ist es kein Verzicht auf bestimmte Lebensmittel und Getränke, sondern ein ganz natürlicher Impuls und Wille.
Wenn mein Körper vital und fit genug ist, viele Stunden erfüllt arbeiten zu können, bekommen alle Patienten meine ganze Unterstützung an jedem Arbeitstag, auch Montag morgens, Freitag abends und kurz vor Feierabend. Weil ich mir erlaube, das wahrzunehmen, ist es keine Qual, ins Fitness-Studio zu gehen, sondern ich weiß genau, wie lange und wie oft ich trainieren kann, so dass es nicht anstrengend wird.