Eine wahre Beziehung - Teil 2: Liebeskummer

Ich hatte gerade richtig Liebeskummer wie zu Schulzeiten. Es ist wie ein tiefer Schnitt durch meinen Bauchraum bei jedem Gedanken an den Menschen, der mir verloren scheint.
Doch womöglich zum ersten Mal in meinem Leben will ich nicht, dass der Schmerz sofort weggeht,
sondern ich kann verstehen, was er mir zeigt.
Natürlich wollte ich immer, dass sich Leid in meinem Leben schnell auflöst und habe mein Leben lang nach Lösungen gesucht: Trost bei der Familie, schnelle Flucht in eine neue Partnerschaft, therapeutische Methoden, welche die Symptome auflösten. Alles Unternehmungen mit der Intention, dass der Schmerz aufhören und mein Leben besser sein sollte.
Was sollte daran schlimm sein? Ein besseres Leben – ohne Schmerzen? Ist das nicht das Ziel so vieler? Erleuchtung und so?
Ich war es gewohnt, in therapeutischen Kursen, Fort- und Ausbildungen Werkzeuge zu lernen, die das Leben besser, leichter machen sollten. Das Ziel war, den perfekten Werkzeugkoffer immer dabei zu haben und das beste Werkzeug zu haben.
Doch mein Leben war auch nach einer ganzen Dekade von Therapie und Spiritualität immer noch eine Odyssee und Achterbahnfahrt von sich wiederholenden Dramen.
Bei Universal Medicine wurde ich gestoppt. Mit einem einfachen Satz:
Ich bin schon liebenswert.
Noch bevor ich irgendetwas anderes
bin oder mache, bin ich Liebe.
Und auch wenn ich diesen Satz schon diverse Male gelesen und gehört hatte, in der Kirche, beim Yoga, in den Lehren der Naturvölker etc. stand mit Serge Benhayon ein Mann vor mir, der das einfach lebte, Liebe sein.
Ok. Das war neu. Und krass. Ich hatte mein Leben auf dem Fundament gebaut, dass ich zunächst etwas tun und bearbeiten müsse, um dann irgendwann fertig und ohne Beziehungsprobleme zu sein.
Und ganz fein veränderte sich etwas in meinem Alltag mit dieser neuen Sichtweise (die mir eigentlich uralt vorkam). Mir fiel dabei zunächst auf, wie oft – ständig – ich am Tag bei dem Versuch war, Dinge zu erledigen, zu verbessern, zu verändern und zu lösen.
Kein unangenehmes Körpergefühl, keinen emotionalen Schmerz konnte ich einfach so da lassen, empfinden und beobachten, ohne schon im Kopf damit beschäftigt zu sein, wie ich es lösen könnte. Welche Technik greift hier? Was könnte ich mir zu essen machen? Wen könnte ich anrufen? Was habe ich falsch gemacht? Wo ist die Zigarette? Was muss ich tun?
Mit diesem Bewusstsein fing ich langsam an, mal den Werkzeugkoffer geschlossen zu lassen. Und ich lernte in diesen Tagen, mich dafür nicht klein zu machen, sondern mir mit Verständnis zu begegnen, die Scham darüber abzuwerfen, was ich falsch gemacht hätte.
Was für eine Erleichterung das war! Und es war letztlich ein Entschluss. Ich bin es mir Wert, mich nicht runter zu machen. Für nix. Damit fiel tonnenweise Druck von meinen Schultern.
Das Leid hatte ich immer wegmachen wollen, weil ich daran geglaubt hatte, dass ich etwas falsch mache, wenn ich mich nicht glücklich fühle. Was für ein Irrtum!
DAS hatte am meisten weh getan. Ohne die Bürde des Falschmachens waren das Leid viel einfacher, flacher, mehr eine Körperempfindung als eine dramatische Welle.
So war also der Liebeskummer erstmal einfach ein Körpergefühl in meinem Bauch – und nichts weiter. Ich beobachtete:
Der Liebeskummer will mir vormachen, dass es um den Verlust eines anderen Menschen geht, aber... wirklich?
Wen oder was habe ich eigentlich verloren?
Ok, ich vermisse meinen früheren Partner und die Dinge, die ich an ihm so schätze. Und am meisten weinen muss ich bei der Erinnerung an die Art, wie er mich berührte: So zart, wie er mich berühren konnte, bin ich selbst mit mir nicht. DAS tut weh.
A-HA!
Was eigentlich weh tut ist, dass ich mich selbst nicht so liebe. Er fehlt mir, weil ich die vermissten Qualitäten selbst in mir trage
– und noch nicht lebe.
Es gab Momente, in denen ich für meinen Partner Dinge erledigte, weil ich eigentlich bedürftig nach Anerkennung war. Abends war ich an solchen Tagen müde und unzufrieden mit dem Gefühl, für nichts genug Zeit zu haben, bedürftig nach einer Belohnung für den Tag (Süßigkeiten, Fernsehen...) und im schlimmsten Fall frustriert, wenn ich nicht die Anerkennung für meine Hilfe bekommen hatte, die ich erwartet hatte.
Und ich kann fühlen, wie meine Nettigkeit nicht ehrlich war, sondern dazu da, dass er mich nett findet. Er sollte meine Nähe brauchen, weil ich etwas für ihn tue. So habe ich die Wunde meiner mangelnden Selbstliebe mit von außen kommender Bewunderung und Zuneigung betäubt.
Dabei ist eine gähnende Leere entstanden.
Und – hui – was habe ich darin investiert, dass wir zusammenbleiben!
So lange er da war, musste ich diese Leere nicht fühlen.
Ich habe während der ganzen Zeit so viel Kraft aufgewendet, um das Gefühl der Leere zu vermeiden. Kein Wunder, dass ich Lust auf Süßes bekam, um das zu kompensieren!
Die Leere ist es, die beim Liebeskummer fühlbar wird. Wow – das ist jetzt ehrlich.
Und so fällt der Liebeskummer Schicht für Schicht von mir ab, je mehr ich mir Wert bin und dem entsprechend meine alltäglichen Entscheidungen treffe. So kommt mein verlorener Liebespartner zu mir zurück: Ich selbst!
In dem Moment kann ich erst wieder die Liebe für den anderen fühlen ohne das Bedürfnis zu haben, ihn zu brauchen.
An Stelle des Kummers ist da ein sattes, stilles Gefühl von Wertschätzung für das Zusammensein.

photo by Iris Pohl